Bindungen innerhalb der Familie sind eine wichtige Basis, um als Erwachsene:r selbstbestimmt und selbstbewusst durchs Leben zu gehen. Welche Person hat dich in deiner Kindheit am meisten geprägt? Wie und weshalb?
Das ist mein Bruder Yannik. Er war superaktiv im Sport und ich war dann einfach auch immer mit dabei. Yannik und ich haben uns gegenseitig angespornt und wir waren immer sehr ehrgeizig.
Was bedeutet Familie für dich?
Die Familie ist für mich ein wichtiger Rückhalt und eine Umgebung, wo ich mich sehr wohlfühle. Da kann ich so sein, wie ich will.
Wie bist du aufgewachsen?
Ich bin in Kalifornien aufgewachsen aber danach mehrmals umgezogen. Das war nicht immer einfach für mich – hat aber unsere Familie zusammengeschweisst.
Mit zehn Jahren bist du mit deiner Familie in die Schweiz gekommen. Wie war das für dich?
Es war schwierig, meine Freunde, den Fussballklub, die Schule und die soziale Umgebung zurückzulassen und in ein neues Land zu ziehen. Vor allem auch die Sprache hat mir Sorge bereitet.
Konntest du Freundschaften aufrecht halten?
Es ist schwierig, über so grosse Distanz die Kontakte zu erhalten. Ich habe aber immer noch regelmässig Kontakt mit einigen ehemaligen Mitspielerinnen.
War es schwierig, in der Schweiz neue Bindungen aufzubauen?
Ich hatte Glück und konnte beim FC Amriswil in ein Mädchenteam einsteigen und fand so relativ schnell Anschluss und neue Freundinnen. Kaum hatte ich mich in der neuen Umgebung etwas eingelebt, bin ich mit 13 Jahren ins Ausbildungszentrum des SFV nach Huttwil gezogen.
Wie hat dich diese Zeit geprägt?
Ich musste gezwungenermassen schnell selbstständig werden. Ich habe erfahren, dass ich durch den Fussball rasch viele neue Leute kennenlernen konnte. Was mir viel geholfen hat, mich auch in Zeiten von Heimweh oder sportlichen Rückschlägen durchzubeissen.
2013 wechseltest du aus der Schweiz in die Bundesliga zum VfL Wolfsburg. Wie war dieser Umzug für dich als 18-jährige Teenagerin?
Auch hier hatte ich nicht immer einfache Zeiten zu überstehen. Der Konkurrenzkampf war enorm. Trotzdem konnte ich mich durchsetzen und viele schöne Erfolge und unvergessliche Momente erleben.
Wie hat sich die Beziehung zu deinen Eltern seit deiner Kindheit verändert?
Eigentlich sehr wenig. Sie sind immer noch für mich da, wenn ich Unterstützung brauche.
Was für eine Beziehung pflegst du zu deinem Bruder? War die schon immer so?
Wir verstehen uns hervorragend – eigentlich noch besser als während unserer Kindheit. Wir sehen uns regelmässig, wenn es irgendwie passt. Natürlich bin ich auch etwas stolz, dass er mich als Pilot durch die Gegend fliegen kann.
Welche Werte sind dir in einer Freundschaft wichtig?
Ehrlichkeit, Offenheit, sich gegenseitig zu unterstützen und zu stärken. Schöne Momente zusammen verbringen.
Dein Werdegang und dein Beruf bedingen, dass du viel reist. Wie hältst du Bindungen aufrecht?
Durch viel Telefonieren oder FaceTime. Einfach laufend die Kontakte pflegen und wenn es die Zeit erlaubt, auch Dinge zusammen zu unternehmen.
Gibt es Rituale oder Traditionen mit deiner Familie oder deinen Freunden, die ihr bis heute weiterführt und die für dich eine grosse Bedeutung haben?
Die Highlights mit der Familie sind die Feiertage, wie Weihnachten, Thanksgiving oder Geburtstage. Wenn es möglich ist, geniessen wir auch mal ein Raclette oder Fondue im Kreise der Schweizer Spielerinnen, die in England leben.
Ist es in Teamsportarten hilfreich, sich gegenseitig zu vertrauen und einander zu kennen?
Das ist ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor. Da gibt es auch mal Diskussionen, um diese Werte auszusprechen.
Inwiefern beeinflussen Bindungen im Sport Erfolg oder Misserfolg?
Die positive Dynamik im Team ist wichtig und in Zeiten des Erfolges auch relativ einfach. Die wirkliche Qualität und den Zusammenhalt eines Teams erkennt man jedoch erst, wenn man negative Zeiten durchleben muss. Da zeigt sich dann auch der wirkliche Charakter einer Mannschaft.
