INDEPENDA: Die Bedeutung von Bezugspersonen

28.04.2025 Betreuung & Schutz

Wir haben mit Desiree Righetti, selbst Careleaverin, darüber gesprochen, wie sie das Aufwachsen in alternativer Betreuung geprägt hat und was sie sich für andere Careleaver:innen wünscht.

Kannst du etwas zu deinem familiären Hintergrund erzählen?

Ich kam als uneheliches Kind auf die Welt, wobei meine Eltern von Beginn an verstritten waren. Ich wuchs bei meiner bipolaren Mutter und mit meinem Bruder im Spektrum auf. Ich hatte meine gesamte Kindheit lang eine Beiständin.

Was sind deine frühesten Erinnerungen an eine Bezugsperson?

Der Begriff Bezugsperson lässt mich immer ans Heim denken, da hatte ich konkrete Bezugspersonen. Dort hatte ich teilweise wahrhaftige Bezugspersonen, von welchen ich mich auch verstanden fühlte. Vor dem Heim war sicherlich mein Vater für mich eine Bezugsperson, auch wenn er 1,5 Stunden von mir entfernt lebte. Ich denke, Bezugspersonen sind Menschen, mit denen man richtig sprechen kann und sich keine Sorgen über das Gesagte machen muss.

Inwiefern hat dich das Fehlen einer stabilen elterlichen Unterstützung geprägt, insbesondere was deine Identität und Überzeugungen angeht?

Ich habe früh gemerkt, dass die Überzeugungen meiner Mutter nicht meine sind. Ich war früh auf eine eigene Meinungsbildung angewiesen. In der Institution, in welcher ich platziert war, gelang es mir dann, Diskussionen mit den Sozialpädagog:innen zu führen, aus welchen ich viel gewinnen konnte.

Was würdest du rückblickend sagen, sind die grössten Herausforderungen deiner Kindheit und Jugend?

Ich denke, mit dem für mich irrationalen Verhalten meiner Mutter klarzukommen und den Erwartungen meines Bruders an mich gerecht zu werden. Gleichzeitig ein neues anderes Leben im Heim aufgebaut zu haben, welches sich mit dem alten Leben kaum noch kombinieren liess.

Was hat dir geholfen, in schwierigen Zeiten stark zu bleiben?

Ich habe stets fest an meine eigene Stärke und meinen eigenen Willen geglaubt. Ich habe im Heim gut gelernt, dass ich alles schaffen kann, wenn ich es nur stark genug möchte.

Gibt es Fähigkeiten oder Stärken, die du dir aufgrund deiner Erfahrungen angeeignet hast?

Ich bin parentifiziert (=Parentifizierung bedeutet, dass Kinder die Rolle ihrer Eltern übernehmen), somit habe ich viele positive Eigenschaften der Parentifizierung. Ich bin sehr angepasst, sehr zuverlässig und hilfsbereit.

Wer hat in deinem Leben, seit der Kindheit bis heute, eine stabilisierende Rolle eingenommen? Hat sich das mit der Zeit verändert? Oder hattest du für bestimmte Themen verschiedene Bezugspersonen?

Wie bereits erwähnt sicherlich mein Vater. Der Vater meines Bruders war für mich auch immer sehr wichtig. Sonst die Sozialpädagog:innen.

Welche Rolle spielen Themen wie Sicherheit und Vertrauen in deinem Leben?

Ich denke, dass ich eine Person bin, welche viel Sicherheit von ihren nahestehenden Personen braucht. Mir ist es wichtig, dass ich mich auf mein Gegenüber verlassen kann und dass diese ehrlich zu mir sind. Ich bemühe mich im Gegenzug, das Gleiche zu bieten.

Du hast aktiv am Aufbau des Angebotes INDEPENDA mitgewirkt. Was war deine Motivation und was sind deine Hoffnungen in das Programm?

Mir war es einfach wichtig, Careleaver:innen von morgen zu unterstützen. Ich hatte es nicht immer einfach und ich wünsche mir, dass andere nicht die gleichen Schwierigkeiten durchleben müssen. Ich bin nicht gescheitert, weil ich fest an mich selbst geglaubt habe. Dies ist jedoch ungewöhnlich und viele Careleaver:innen glauben nicht an sich selbst. Diese brauchen Unterstützung und sollen diese auch erhalten können. Schauen wir doch, dass es allen gut geht und alle die gleichen Chancen haben! INDEPENDA setzt alles daran, diese Chancengleichheit herstellen zu können. Dies ist wunderbar und ich bin froh, dass es das Angebot gibt!

Inhaltsverantwortlich:

David Becker

Wenn ich Content in Wort und Bild erarbeite, begeistert mich das grosse Ganze und berühren mich die feinen Details.

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